In welchen Fällen muss man nicht Richtung Qibla (Mekkah/Kaaba) beten?

بسم الله الرحمن الرحيم

Zu den Bedingungen der Gültigkeit des Gebets gehört das Wenden zur Gebetsrichtung. Und das Gebet wird nur dadurch gültig, denn Allah – ta’ala – hat dies geboten und wiederholte dieses Gebot im edlen Quran. So sagte Allah – ta’ala: {Und woher du immer heraustrittst, da wende dein Gesicht in Richtung der geschützten Gebetsstätte. Und wo immer ihr seid, da wendet eure Gesichter in ihrer Richtung} [2:150]

Und als der Prophet – sall-llahu alahi wassalam – anfangs Medina erreichte, betete er in Richtung Jerusalem, wodurch die Kaaba hinter ihm und die Levante (Asch-Schaam) vor ihm war. Doch danach wartete er darauf, dass Allah – subhana wa ta’ala – ihm Gegenteiliges erlaubte, woraufhin er sein Gesicht Richtung Himmel wandte und darauf wartete, wann Jibril zu ihm, mit der Offenbarung, kommt sich zur Kaaba zu richten. So sagte Allah – ta’ala: {Wir sehen ja dein Gesicht sich (suchend) zum Himmel wenden. Nun wollen Wir dir ganz gewiss eine Gebetsrichtung zuweisen, mit der du zufrieden bist. So wende dein Gesicht in Richtung der geschützten Gebetsstätte!} [2:144] So hat Allah ihm geboten sich in die Richtung der geschützte Gebetsstätte zu wenden. Diesbezüglich wurden nur drei Fälle ausgenommen:

Erstens: Wenn man nicht dazu imstande ist, wie bei einem Kranken, der sich nicht in der Gebetsrichtung befindet und sich auch nicht dahin (bzw. zu ihr) wenden kann. In diesem Fall entfällt das Wenden zur Gebetsrichtung, denn Allah -erhaben ist Er- sagte: {Daher fürchtet Allah, soweit ihr könnt} [64:16]. Er – ta’ala- sagte auch: {Allah erlegt keiner Seele mehr auf, als sie zu leisten vermag} [2:286] Und der Prophet – sall-llahu alaihi wassalam- sagte: „Wenn ich euch eine Sache auferlege, dann kommt ihr nach soweit ihr könnt.“ [Sahih Al-Bukhari (7288) und Muslim (1337)]

Zweitens: Wenn man in Furcht ist, wie jemand, der vor einem Feind, Raubtier oder einer Flut flüchtet. Hier soll man in die Richtung beten, in die man sich gerade befindet. Der Beweis dafür ist die Aussage Allahs – ta’ala: {Wenn ihr in Furcht seid, dann (verrichtet das Gebet) zu Fuß oder im Reiten. Wenn ihr aber (wieder) in Sicherheit seid, dann gedenkt Allahs, wie Er euch gelehrt hat, was ihr nicht wusstet} [2:239] Denn die Aussage {Wenn ihr in Furcht seid}, ist allgemein und beinhaltet jede Furcht. Und die Aussage: {Wenn ihr aber (wieder) in Sicherheit seid, dann gedenkt Allahs, wie Er euch gelehrt hat, was ihr nicht wusstet}, beweist, dass es kein Problem darstellt, wenn der Mensch jede Dhikr/Gottesgedenken, aufgrund von Furcht, unterlässt. Und dazu gehört das Wenden zur Gebetsrichtung. Diese Ansicht wird auch durch die beiden vorigen edlen Verse und dem prophetischen Hadith dahingehend untermauert, dass die Pflicht mit dem Können/der Möglichkeit verbunden ist.

Drittens: Wenn man ein freiwilliges Gebet auf der Reise verrichtet, egal ob man sich in einem Flugzeug, Auto oder auf einem Kamel befindet. Dann betet man das freiwillige Gebet in die Richtung, in die man (gerade) schaut, wie das Witr-Gebet, das Gebet in der Nacht, das Duha-Gebet usw.

Der Reisende sollte, wie der Sesshafte, alle freiwilligen Gebete komplett verrichten, bis auf die Rawatib-Gebete, wie die Rawatib-Gebete des Mittags-, Abend- und Nachtgebets, denn es gehört zur Sunnah sie (in diesem Fall) zu unterlassen. Wenn man also auf der Reise ein freiwilliges Gebet verrichten will, dann soll man in die Richtung beten, in der man sich gerade befindet. Dies ist in den beiden „Sahih-Werken“ vom Gesandten Allahs – sall-llahu alaihi wassalam – authentisch überliefert worden.

In diesen drei Fällen ist es nicht verpflichtend sich zur Gebetsrichtung zu wenden. Was den Unwissenden angeht, so muss er sich zur Gebetsrichtung wenden, jedoch muss er seine Gebete nicht wiederholen, wenn er sich bemüht und Ausschau hält und sich dann herausstellt, dass er sich doch geirrt hat. Und wir sagen nicht, dass die Gebetsrichtung bei ihm entfällt, vielmehr muss er sich zu ihr wenden und, entsprechend seiner Möglichkeiten, Ausschau halten. Wenn er dies getan hat und sich herausstellt, dass er sich geirrt hat, dann muss er das Gebet nicht nachholen. Der Beweis hierfür ist, dass die Prophetengefährten, die von der Veränderung der Gebetsrichtung zur Kaaba noch nichts wussten, an jenem Tag das Morgengebet in der Qubaa-Moschee verrichteten, woraufhin ein Mann kam und sagte: „Dem Gesandten Allahs – sall-llahu alaihi wassalm – wurde in dieser Nacht ein Quran(-Vers) herab gesandt. Und ihm wurde befohlen sich zur Kaaba zu wenden, so tut dies auch!“ Und ihre Gesichter zeigten in Richtung der Levante, woraufhin sie sich umgedreht und zur Kaaba gewendet haben. [Überliefert von Al-Bukhari (403) und Muslim (526)]. Nachdem die Kaaba hinter ihnen war, machten sie diese vor sich, drehten sich um und führten ihr Gebet fort. Und dies geschah zu Lebzeiten des Propheten – sall-llahu alaihi wassalam. Es gab keine Missbilligung/Verwerfung dessen, wodurch es erlaubt war. Gemeint ist, dass wenn der Mensch sich bezüglich der Gebetsrichtung, aus Unwissenheit, irrt, er das Gebet nicht nachholen muss. Doch wenn es sich herausstellt (dass er falsch liegt), auch wenn es mitten im Gebet geschieht, dann muss er sich zur Gebetsrichtung wenden. Und das Wenden zur Gebetsrichtung ist eine der Säulen des Gebets, außer in den drei erwähnten Stellen (Situationen), und (in dem Fall,) wenn man einen Fehler (hinsichtlich der richtigen Gebetsrichtungen) begangen hat, nachdem man sich jedoch zuvor bemüht hatte.

Quelle: Majmu‘ Fatawa Ibn ‚Uthaymin (12/433-435).

 

Dieser Eintrag wurde veröffentlicht in Das Gebet.

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